Niedersachsen für Europa - Die Kirchen sind dabei!

Nachricht 29. März 2019
Bevollmächtigte OLKR Dr. Kerstin Gäfgen-Track und OLKR Andrea Radtke.

Im März/April-Newsletter der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen schreiben die beiden Bevollmächtigten, Kerstin Gäfgen-Track und Andrea Radtke:

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Woher kommen Sie?“ Diese Frage ist auf einer Reise allgegenwärtig. Unsere spontane Antwort: „Aus Deutschland“.  Und nicht: „Aus Europa“. Immer noch prägen uns die Grenzen der Nation so tief, dass wir uns trotz aller Begeisterung für das Friedensprojekt Europäische Union und den damit verbundenen großartigen Versöhnungsprozess zunächst als „Deutsche“ und vermutlich erst bei einem Nachdenken „auch als Europäer“ bezeichnen würden. 

Das gleiche gilt auch für Christinnen und Christen. Vielfach verstehen sie sich zuerst als katholisch, orthodox oder evangelisch und dann erst als Christinnen und Christen der weltweiten Ökumene. Das christliche Selbstverständnis sollte nicht nationalstaatlichem Denken verhaftet sein: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“, heißt es in der Bibel (Gal 3,28). 

Am 5. November 1990 forderte der damalige Präsident der Europäischen Kommission, Jacques Delors, vor einer Delegation von protestantischen und anglikanischen Kirchenleitenden die Kirchen auf, „einen Beitrag zum Herzen und zur Seele Europas zu leisten“, „die Solidarität in der Gesellschaft zu stärken“ und „ein Gefühl der Zugehörigkeit über die nationalen Identitäten hinaus zu schaffen“. 

Bereits damals waren die Kirchen in Europa längst miteinander vernetzt, die protestantischen Kirchen in der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa, kurz GEKE, und Kirchen unterschiedlicher Konfessionen in der Konferenz Europäischer Kirchen, kurz KEK, wobei die christliche Gemeinschaft in Europa weit über die Grenzen der EU hinausgeht. 

In der Charta Oecumenica (2001) heißt es programmatisch: „Wir sind überzeugt, dass das spirituelle Erbe des Christentums eine inspirierende Kraft zur Bereicherung Europas darstellt. Aufgrund unseres christlichen Glaubens setzen wir uns für ein humanes und soziales Europa ein, in dem die Menschenrechte und Grundwerte des Friedens, der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Toleranz, der Partizipation und der Solidarität zur Geltung kommen.“ So nehmen die Kirchen auch in Europa ihren Öffentlichkeitsauftrag wahr und begleiten, wenn notwendig, auch kritisch den Weg der Europäischen Union. Es überwiegt dabei die Wertschätzung und Unterstützung, so die GEKE 2012 in Florenz: „Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – wie die Globalisierung, der Klimawandel, der demographische Wandel, die Veränderungen in der Weltwirtschaft, der politische Transformationsprozess in den Nachbarregionen Europas – verlangen nach einem freien und geeinten Europa, dessen Bereitschaft zur Solidarität nicht an den Grenzen einzelner Staaten endet und über die Grenzen Europas hinausreicht .“ 

In diesen Tagen wird schnell die Enttäuschung über den Brexit laut, die Ungewissheit, wie es mit der Gemeinschaft weitergehen wird, die Sorge über eine Krise der EU und das schleppende Tempo bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutz- und Energiesparziele. 

Gerade jetzt ist das zivilgesellschaftliche Engagement über die Grenzen der EU hinaus gefragt. In Niedersachsen intensivieren wir unsere Kontakte zur Church of England. Auf dem Parlamentarischen Abend der Konföderation am 24. Oktober wird der Bischof von Leeds, der qua Amt auch Mitglied im Oberhaus des britischen Parlaments ist, als Redner zu Gast sein. 

Auch wenn uns bei der Frage nach der eigenen Herkunft nicht sofort Europa in den Sinn kommt, ist es auch für das Selbstverständnis als nationale Gesellschaft wie als Kirchen unverzichtbar, uns – auch – als Europäerinnen und Europäer zu verstehen. Es gilt gemeinsam Europa weiter zu entwickeln und zu gestalten, bei dem die Kirchen „einen Beitrag zum Herzen und zur Seele Europas“ leisten. Im Bündnis „Niedersachsen für Europa“ engagieren auch die Kirchen sich für ein friedliches demokratisches Miteinander und Solidarität über nationale Grenzen hinweg. 

Wir wünschen Ihnen eine gesegnete Passions- und Osterzeit,

Ihre

Dr. Kerstin Gäfgen-Track und Andrea Radtke

weitere Informationen:
Handreichung der EKD zur Europawahl 2019