Oldenburger Bischof Jan Janssen verzichtet auf sein Amt

Nachricht 23. November 2017

Vom Bischof zum Pfarrer

Der ehemalige Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg Jan Janssen. Bild: Oldenburgische Kirche

Rastede/Kr. Ammerland (epd). Der Oldenburger Bischof Jan Janssen ist von seinem Amt zurückgetreten.

Synodenpräsidentin Sabine Blütchen informierte am Donnerstag (23.11.2017) das in Rastede bei Oldenburg tagende Kirchenparlament. Bereits am Mittwoch hatte Janssen gemäß der Kirchenordnung Blütchen über seine Entscheidung unterrichtet. Offiziell darf er sich jetzt nur noch "Pfarrer" nennen.

Blütchen sagte, Janssen habe ihr mitgeteilt, dass "er die Verantwortung für die Weiterführung des Amtes nicht mehr tragen zu können glaubt". Die kirchenleitenden Gremien, Oberkirchenrat und Gemeinsamer Kirchenausschuss, hätten Janssen mit der Vertretung des Bischofsamtes zunächst bis zum 31. Januar 2018 beauftragt. Janssen habe sich vorab dazu bereiterklärt.

Janssen bat die Synode um Verständnis für seinen Schritt. Die gesellschaftlichen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Kirche hätten ihn darüber nachdenken lassen, ob er ein lebenslanges Amt mit "weitgreifender Verantwortung und Bürde" bis zum Ende ausfüllen könne. "Ich bin Pastor - auf dieser Basis habe ich auch das Bischofsamt fruchtbar gemacht." Künftig wolle er wieder als Seelsorger im Pfarrdienst außerhalb der oldenburgischen Kirche tätig werden. Letzte Entscheidungen in dem Bewerbungsverfahren stünden aber noch aus.

Janssen war am 23. Mai 2008 im zweiten Wahlgang zum Nachfolger von Bischof Peter Krug gewählt worden. Er war damals der jüngste Bischof innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland. Zuvor war er seit 2002 Pastor beim Deutschen Evangelischen Kirchentag mit Sitz in Fulda.

Janssen wurde im niedersächsischen Bad Bevensen geboren und wuchs in Sengwarden bei Wilhelmshaven auf. Er studierte in Münster, Bern und Göttingen Theologie und war von 1992 bis 1994 Vikar in Oldenburg. Danach war er zwei Jahre Pastor in Wiefelstede bei Oldenburg. Beim Kirchentag in Leipzig war er 1996 und 1997 Abteilungsleiter für Projekte. Anschließend übernahm Janssen eine Pfarrstelle an der Wilhelmshavener Christus- und Garnisonkirche. Janssen ist verheiratet und hat drei Kinder.

Zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg zählen 116 Gemeinden zwischen der Nordseeinsel Wangerooge und den Dammer Bergen. Ihr gehören knapp 424.000 Mitglieder an. (3125/23.11.17)
epd lnb jön mil

Vom Bischof zum Pfarrer

Oldenburger Bischof Jan Janssen scheidet vorzeitig aus dem Amt

Von Jörg Nielsen (epd)

Rastede/Oldenburg (epd). Die Nachricht schlug ein wie die sprichwörtliche Bombe: Gleich zu Beginn der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg verkündet Synodenpräsidentin Sabine Blütchen den erstaunten Delegierten mit nüchternen Worten den Rücktritt ihres Bischofs Jan Janssen. Anschließend tritt der 54-Jährige, der sich jetzt nur noch "Pfarrer Janssen" nennen darf, ans Rednerpult. Er dankt für das Vertrauen in neun Amtsjahren und bittet um Verständnis für seinen Schritt. "Ich bin Pastor", sagt er. Last und Bürde des Amtes seien zu viel geworden. Die konsternierte Synode antwortet mit einem langanhaltenden Klopfen mit den Knöcheln auf den Tischen.

Sichtlich bewegt und nach Worten ringend dankt Kreispfarrer Michael Braun aus Lohne dem ehemaligen Bischof für dessen Arbeit. Er spricht von "Dank und tiefem Respekt" der Kirchenleitung. Janssen habe stets seinen persönlichen Glauben in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt.

Wie es mit ihm weitergeht, kann Janssen nur andeuten. Im Nebenamt ist er seit Jahren für die EKD "im Horizont von Ökumene und Mission" tätig gewesen. Seit 2010 ist er Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Missionswerks in Deutschland. Das solle ihm nun den persönlichen Weg weisen. Nach den Jahren als Bischof will er einen Neuanfang als Pastor "in Verkündigung und Seelsorge an der Basis vor Ort". Eine Stelle außerhalb der oldenburgischen Kirche habe er bereits im Blick, doch sei das Bewerbungsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Damit die Kirche handlungsfähig bleibt, hat die Kirchenleitung "Pfarrer Janssen" bis Ende Januar mit der Vertretung des Bischofsamtes beauftragt. Nach einer kurzen Kaffeepause tritt er darum wieder an das Pult und bringt den Bericht der Kirchenleitung ein. Vielen Synodalen fällt es schwer, einfach zur Tagesordnung zurückzukehren. Doch schließlich siegt die Routine.

Janssen, der in Münster, Bern und Göttingen Theologie studierte, war kein Bischof der lauten populären Worte, der mit forschen Forderungen die Richtung vorgibt. Er hat stets versucht, seine Kirche eher sanft zu bewegen. "Die Kirche lebt von den Menschen, die haupt- und ehrenamtlich in ihr arbeiten", lautet einer seiner Glaubenssätze. Eine selbstbewusste Kirche müsse die Menschen beteiligen. Er wollte die Kirche nicht autoritär leiten, sondern zuhören und Fragen stellen. "Nur so können wir gemeinsam Antworten entwickeln."

Besonders wichtig ist ihm der Kontakt zu den Menschen in den Gemeinden. Seine Predigtreihe zum 500. Reformationsjubiläum führt ihn im vergangenen Sommer kreuz und quer durch das Oldenburger Land in Dorfkirchen, die andere erst im Internet googeln müssen. Auch auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise besucht er vor allem kleine kirchliche Projekte am Rande, wie eine Fahrradwerkstatt in Berne oder ein Nähtreff für Einheimische und Flüchtlingsfrauen in Dinklage.

Während seiner Zeit als Pastor beim Deutschen Evangelischen Kirchentag von 2002 bis 2008 habe er verstanden, dass die Kirche abhängig ist von den "Experten des Alltags", wie Janssen die Ehrenamtlichen nennt, sagt er. Wie das praktisch aussehen kann, hat seine Kirche mit dem Zukunftskongress 2012 gezeigt. Rund 1.100 Delegierte aus allen Kirchengemeinden der Landeskirche diskutierten zwei Tage lang den künftigen Kurs unter dem Motto "Ein Land das ich dir zeigen will - Auf dem Weg in das Jahr 2030".

Janssen hat seine Kirche und deren Musik auch mit seiner Leidenschaft für den Jazz geprägt. Und er hat künftig wieder Zeit und Raum für seine anderen privaten Leidenschaften: Radfahren und Fußball - im Stadion von SV Werder-Bremen oder auf dem Bolzplatz. Denn ein anderer Glaubenssatz des Bischofs lautet: "Laufen ohne einen Ball am Fuß ist Quatsch." (3163/23.11.17)
epd lnb jön mil

Kirchenvertreter sprechen Jan Janssen Respekt aus

Rastede/Kr. Ammerland (epd). Der Vorsitzende des Rates der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Landesbischof Ralf Meister, hat dem am Donnerstag zurückgetretenen oldenburgischen Bischofs Jan Janssen Respekt für seinen Amtsverzicht ausgesprochen. Er bedauere den Rückzug persönlich sehr, sagte Meister in Hannover. "Gleichzeitig habe ich hohen Respekt davor, dass Jan Janssen nach gut neun Jahren im bischöflichen Amt für sich die Entscheidung getroffen hat, die Verantwortung an der Spitze der oldenburgischen Landeskirche in andere Hände zu legen und eine neue pastorale Aufgabe zu übernehmen."

Er sei dankbar für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Janssen im Rat der Konföderation und in vielen anderen Bereichen des gemeinsamen kirchlichen Handelns, betonte Meister. "Für seinen weiteren Lebensweg wünsche ich ihm von Herzen alles Gute und Gottes Segen."

Auch der reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher zollte Janssen Respekt und sagte, die Nachricht vom Rücktritt habe in der Evangelisch-reformierten Kirche Überraschung und Bedauern ausgelöst. Vor der Synode der Reformierten in Emden dankte er ihm "für eine vertrauensvolle und fröhliche Gemeinschaft auf dem Weg unserer beiden Nachbarkirchen". Sein besonderer Beitrag im Miteinander sei seine originelle und kreative Art und Weise, mit der er die Schätze der Bibel und des Gesangbuchs zum Leuchten bringe: "Das werde ich vermissen."

Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns würdigte Janssen als profilierte Stimme der evangelischen Kirche. "Er hat in den zehn Jahren seiner Amtszeit dem Protestantismus in Niedersachsen und darüber hinaus Stimme und Gewicht gegeben", sagte Meyns. "Ökumenisch verbindlich und mit evangelischem Profil hat er sich in die Debatten eingebracht, die uns in unserer Zeit bewegen."

Im Miteinander der niedersächsischen Bischöfe werde er Janssen vermissen, betonte Meyns. "Gerne hätte ich länger mit ihm zusammen die Entwicklung unserer Kirchen vorangetrieben. Ich bleibe ihm auch über sein Ausscheiden als Bischof hinaus freundschaftlich verbunden."

Der Rücktritt Janssens von seinem Amt als Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg wurde am Donnerstag vor der in Rastede tagenden Synode bekanntgegeben. Bereits am Mittwoch hatte Janssen gemäß der Kirchenordnung Synodenpräsidentin Sabine Blütchen über seine Entscheidung unterrichtet. Offiziell darf er sich jetzt nur noch "Pfarrer" nennen.

Janssen war am 23. Mai 2008 im zweiten Wahlgang zum Nachfolger von Peter Krug gewählt worden. Er war damals der jüngste Bischof in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg zählen 116 Gemeinden zwischen der Nordseeinsel Wangerooge und den Dammer Bergen. Ihr gehören knapp 424.000 Mitglieder an. (3193/23.11.17)
epd lnb jön/bjs/sel mir

Hintergrund: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg

Oldenburg (epd). Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg gehört mit etwa 424.000 Mitgliedern in 116 Kirchengemeinden zu den kleineren der 20 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Kirche ist aufgegliedert in sechs Kirchenkreise, die von der Nordseeinsel Wangerooge bis zu den Dammer Bergen bei Vechta reichen und damit das alte Herzogtum Oldenburg umfassen.

Kirchenhistoriker bezeichnen die Kirchenverfassung von 1849, die erstmals im Deutschen Reich Staat und Kirche trennte, als Gründungsdokument der oldenburgischen Kirche. Bis dahin hatte der Oldenburger Großherzog bischöfliche Funktion. Mit der neuen Verfassung wählten die Menschen in den Kirchengemeinden zum ersten Mal eine Synode und den Oberkirchenrat als eigene Leitung.

Finanzieller und konservativer Druck führte jedoch bereits 1853 wieder dazu, dass die Verfassung in Teilen zurückgenommen wurde. Der Landesherr übernahm wieder das Kirchenregiment, ließ aber die Synode bestehen. Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Thronverzicht des Hauses Oldenburg im Jahre 1918 kehrte die Kirche faktisch wieder zur Verfassung von 1849 zurück.

1933 erlangten die nationalsozialistischen "Deutschen Christen" die Mehrheit in der Synode und betrieben die Eingliederung der Kirche in die von den Nazis geförderte Reichskirche. Unter der Federführung von Landesbischof Wilhelm Stählin (1883-1975), Pastor Heinz Kloppenburg (1903-1986) und dem Juristen und späteren CDU-Bundestagspräsidenten Hermann Ehlers (1904-1954) wurde die Kirchenverfassung von 1950 geschaffen, die mit einigen Anpassungen bis heute gültig ist.

Derzeit wird die oldenburgische Kirche von vier Organen geleitet. Dazu gehören das Kollegium des Oberkirchenrates, der Gemeinsame Kirchenausschuss, der Bischof und als höchste Instanz die Gesamtsynode. Der Oberkirchenrat leitet und verwaltet die Kirche im Auftrag der Synode. Die drei Oberkirchenräte, zwei Theologen und eine Juristin, sowie der Bischof werden von der Synode gewählt. (3136/23.11.17)
epd lnb jön mil