Diakonie und Kirche fordern eine schnelle Lösung für Flüchtlingsbürgschaften

Nachricht 15. Dezember 2017
Ausbildungsprojekt der Diakonischen Heime Kästor.

Die niedersächsischen Jobcenter fordern rund 4 Millionen Rückzahlungen von Bürgern und Kirchengemeinden, die Bürgschaften für Flüchtlinge übernommen haben, um in Niedersachsen lebenden syrischen Flüchtlingen zu ermöglichen, ihre Angehörigen nach Deutschland zu holen.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat jetzt (14.1.2) eine schnelle Lösung angekündigt.

Pressemeldungen zu Stellungnahmen aus Kirche und Diakonie:

Bischof Meister begrüßt Landesinitiative zu Flüchtlingsbürgschaften

Hannover (epd). Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat die Initiative des Landes Niedersachsen begrüßt, gemeinsam mit dem Bund eine Lösung für die Flüchtlingsbürgschaften zu finden. "Durch ein breites Bündnis von Land und Zivilgesellschaft ist es in Niedersachsen in beeindruckender Weise gelungen, den Menschen, die in den vergangenen Jahren bei uns Schutz gesucht haben, ein gutes und sicheres Ankommen zu ermöglichen", sagte der evangelische Theologe am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Deshalb hoffe ich sehr, dass es jetzt auch für die Bürgschaften einen guten Weg geben wird." Zuvor hatte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) angekündigt, sich mit seinem hessischen Amtskollegen Peter Beuth (CDU) noch vor Weihnachten um eine Lösung für das Problem kümmern.

Im Streit um Kostenbescheide für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer hatten Politiker bereits am Mittwoch im niedersächsischen Landtag eine rasche Hilfe angemahnt. 2014 und 2015 konnten mehrere Tausend in Niedersachsen lebende syrische Flüchtlinge ihre Angehörigen nachholen. Bedingung dafür war die Abgabe von Verpflichtungserklärungen. Solche Bürgschaften wurden oft auch durch Dritte abgegeben, die das erforderliche Einkommen nachweisen konnten.

Das Niedersächsische Innenministerium hatte damals die Rechtsauffassung vertreten, dass die Verpflichtungserklärung erlösche, sobald die Angehörigen als Flüchtlinge anerkannt worden seien. Das Bundesverwaltungsgericht entschied jedoch Anfang 2017, dass die Verpflichtungserklärung nicht mit der Anerkennung endet. Diese Rechtslage verpflichtet nun die Jobcenter, das Geld zurückzufordern, das sie an Sozialleistungen für die Flüchtlinge ausgegeben haben.

Einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (Donnerstag) zufolge belaufen sich die Rückforderungen der niedersächsischen Jobcenter auf 4,1 Millionen Euro. Bisher war stets von drei Millionen Euro die Rede. In 20 der 29 Jobcenter gebe es rund 720 Verfahren.

Allein in Wolfsburg gaben Bürgen vor rund drei Jahren in 93 Fällen eine Verpflichtungserklärung für insgesamt rund 200 Flüchtlinge aus Syrien ab. So soll etwa die evangelische Lukas-Gemeinde rund 100.000 Euro für acht Personen zahlen. In einem weiteren Fall soll ein Bürge bis zu 700.000 Euro erstatten.

Pistorius unterstrich seinen Willen, eine Lösung zu finden: "Es geht um die Herausforderung, diejenigen Menschen nicht im Regen stehenzulassen, die sich als Bürgen für syrische Flüchtlinge zur Verfügung stellten." (4105/14.12.17)  - epd lnb jön mil 

Diakonie fordert: Flüchtlingshelfer mit bestehendem Fonds entlasten

„Es ist unverhältnismäßig, jetzt die Bürgschaftsgeber heranzuziehen. Wir brauchen eine schnelle Lösung, die die Helfer nicht bestraft“, sagt Dr. Jens Lehmann, Vorstand des Diakonischen Werkes evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V. (DWiN).

Privatpersonen, aber auch Vereine und Verbände hatten Bürgschaften übernommen, um akut gefährdeten Menschen aus den Bürgerkriegsregionen in Syrien herauszuhelfen. Dabei waren sie davon ausgegangen, dass diese Bürgschaften mit der Anerkennung als Flüchtling enden würden. Dieser Auffassung ist durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes im Januar 2017 widersprochen worden: die Bürgen sollen die Kosten für mindestens drei Jahren tragen. Nun zieht die Bundesagentur für Arbeit die Bürgschaftsgeber heran, um Kosten für Leistungen für Flüchtlinge auszugleichen.

Innenminister Boris Pistorius erkennt die missliche Lage der Bürgen an und hat  bereits die Bundesministerin für Arbeit und Soziales angeschrieben, konkrete eigene Hilfestellungen des Landes stehen aber noch aus. „Die teilweise sehr hohen Forderungen sind ein schwerer Schock für die engagierten Helferinnen und Helfer“, sagt Lehmann. „Gesellschaft und Politik setzen in vielen Zusammenhängen immer stärker auf das Ehrenamt. Im Gegenzug muss wenigstens zu erwarten sein, dass dieses Engagement auch  unterstützt wird.“

Dabei ist es nach Auffassung von Lehmann denkbar, dass zunächst das Land für die Betroffenen in Vorleistung geht, während Bund, Länder und die Bundesagentur für Arbeit eine tragbare Lösung finden. Denkbar sei zum Beispiel, den bestehenden Fonds zur „Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement in der Flüchtlingshilfe“ heranzuziehen. „Die Landesregierung hat damals die Niedersachsen darin bestärkt, den Menschen aus Syrien zu helfen. Jetzt brauchen die Helfer von damals selbst Unterstützung. Ich bin zuversichtlich, dass hier die Politik eine Lösung findet“, sagt Lehmann.

Pressemeldung der Diakonie in Niedersachsen vom 12. Dezember 2017