Forschungsprojekt ForuM

Nachricht 25. Januar 2024

Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland

Heute wurden die Ergebnisse der unabhängigen Aufarbeitungsstudie ForuM (kurz für: Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie Deutschland) veröffentlicht.
Erstmals haben Forschende in dieser Studie Fälle sexualisierter Gewalt durch Geistliche an Minderjährigen in allen EKD-Gliedkirchen seit 1945 untersucht. In den Blick genommen haben sie auch Taten sexualisierter Gewalt in der ganzen Breite des kirchlichen Lebens unabhängig vom Beruf der beschuldigen Personen. Die Forschenden sind weiter der Frage nachgegangen, welche systemischen und organisationalen Faktoren in der evangelischen Kirche und Diakonie sexualisierte Gewalt ermöglichen oder verhindern.
Den 871seitigen Abschlussbericht des Forschungsverbundes, der heute der amtierenden Ratsvorsitzenden überreicht wurde, finden Sie hier zum Download. Eine 37seitige Zusammenfassung der Forschungsergebnisse ist ebenfalls als Download verfügbar.

Das Statement der amtierenden Ratsvorsitzende der EKD, Bischöfin Kirsten Fehrs, bei der Annahme des Berichts stand unter dem Motto "Eine Verantwortung und Verpflichtung, die niemals aufhört."
Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, machte deutlich, dass jeder Fall sexualisierter Gewalt "ein Fall zu viel" ist.

Die Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, OLKRin Dr. Kerstin Gäfgen-Track, sagte dazu:
"Menschen, die in den Kirchen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen gearbeitet haben oder es bis heute tun, haben schwere Schuld auf sich geladen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch aktuell Menschen in unseren Kirchen arbeiten, deren Taten noch nicht bekannt sind. Die Kirchen der Konföderation erkennen das Unrecht an, das von sexualisierter Gewalt betroffene Personen erlitten haben. Die Kirchen haben sich zur Aufarbeitung der Fälle verpflichtet. Das ist in der Vergangenheit oft nicht der Fall gewesen ist und es hat in der evangelischen Kirche im Hinblick auf die Aufarbeitung große Versäumnisse bis hin zur Vertuschung gegeben. Die evangelischen Kirchen sind an den betroffenen Menschen schuldig geworden. Deshalb ist es existentiell für die Kirchen und für Christinnen und Christen, den von sexualisierter Gewalt betroffenen Personen Räume zu eröffnen, in denen sie so wahrgenommen und unterstützt werden, wie sie es für notwendig erachten. Entscheidend ist jetzt, dass die Studienergebnisse auf allen Ebenen der Kirchen intensiv diskutiert werden, um dann die im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD von Betroffenenvertreterinnen und -vertretern sowie kirchlichen Beauftragen gemeinsam erarbeiteten Konsequenzen und Empfehlungen für kirchliches Handeln konkret umzusetzen."

Auch die Leitenden Geistlichen der fünf Konföderationskirchen äußerten sich zu der ForuM-Studie.
Der Ratsvorsitzende der Konföderation, Bischof Thomas Adomeit (Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg) stellte grundsätzlich fest: "Entschlossen gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen, entspricht christlichem Auftrag."
Dr. Susanne Bei der Wieden, Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, wies darauf hin, dass über die Täterinnen und Täter hinaus auch die Institution Schuld am Leid der Betroffenen trage.
Landesbischof Dr. Christoph Meyns (Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Braunschweig) nannte die Studie "einen Meilenstein auf dem Weg zu einer professionellen Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt".
Landesbischof Ralf Meister (Evangelisch-lutherische Landeskirch Hannovers) forderte: "Wir müssen in unserer Kirche weiter an einer Kultur arbeiten, in der Sexualisierte Gewalt keinen Raum hat und in der Betroffene ermutigt werden, Unterstützung in Anspruch zu nehmen."
Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe (Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke), betonte, "dass bestehende präventive Anstrengungen in diesem Bereich auch in der evangelischen Kirche erheblich verstärkt werden müssen." 

In den fünf Kirchen der Konföderation stehen Ansprechpartner für Betroffene sexualisierter Gewalt zur Verfügung. Sie können einen Antrag auf individuelle finanzielle Leistungen an die Anerkennungskommission stellen, die für die konföderierten evangelischen Kirchen in Niedersachsen und die Bremische evangelische Kirche gebildet ist.

Weitere Informationen zur Aufarbeitungsstudie und zur Haltung der evangelischen Kirche dazu finden sich auf der Internetseite der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Leistungen für Betroffene sexualisierter Gewalt

Informationen über Leistungen für Betroffene sexualisierter Gewalt durch die Anerkennungskommission der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig, Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, Evangelisch-reformierte Kirche, Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe) und der Bremischen Evangelischen Kirche finden sich hier.