Kontroverse zur Leihmutterschaft

Nachricht 26. März 2022
Handreichung von Landesbischof Dr. Meyns zur Position der Kirche

Braunschweig. Das Thema Leihmutterschaft wird derzeit im Braunschweiger Land intensiv und kontrovers diskutiert. Anlass ist das Vorhaben des ehemaligen Domkantors Gerd-Peter Münden, in Kolumbien eine Leihmutterschaft in Anspruch zu nehmen. Die Landeskirche Braunschweig hat sich dazu vor allem aus ethischen Gründen kritisch bis ablehnend geäußert. In einer Handreichung erläutert Landesbischof Dr. Christoph Meyns seine grundlegende Position:

Handreichung zu den Aspekten der Leihmutterschaft

Interview mit Landesbischof Meyns zum Thema Leihmutterschaft

Gleichzeitig ist die Frage aufgeworfen worden, in welchem Verhältnis eine ethische Position der Kirche zu anderen ethischen Positionen steht. Dazu schreibt Michael Strauß, Leiter des Referates für Kommunikation und Medien:

"Angesichts der Tatsache, dass wir in einer pluralistischen und säkularen Gesellschaft leben, ist zu respektieren, dass es auch auf dem Feld der Ethik zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann. Das gilt auch für die Konzeption der Menschenwürde. Die damit verbundenen Vorstellungen verdanken sich unterschiedlichen Quellen: von der antiken Stoa über die biblische Rede von der Gottebenbildlichkeit des Menschen, bis zu Konzepten der philosophischen Aufklärung und des Sozialismus.

Das bedeutet, dass Ethik nicht exklusiv ist. Kein ethisches Konzept kann den Anspruch erheben, das einzig wahre Konzept zu sein. Nicht zuletzt deswegen, weil jede Ethik ein Grundverständnis des Menschen voraussetzt. Komplexe ethische Fragestellungen sind auch unter Wissenschaftlern immer wieder umstritten. Sie müssen im Diskurs erörtert werden.

Die Kirche nimmt in ihrer theologischen Ethik eine christliche Deutung und Sicht der menschlichen Lebenswirklichkeit vor. Dabei folgt sie nicht ausschließlich dem Gedanken des Selbstbestimmungsrechts und der Autonomie des Einzelnen, der zum Beispiel nach dem rationalen Kalkül des Nutzens entscheidet. Sie bezieht in ihre ethische Reflexion das Verständnis des Menschen vor Gott ein.

Wegleitend dabei ist ihre Grundüberzeugung, dass die Menschenwürde in der Gottebenbildlichkeit des Menschen (imago dei) begründet ist. Deshalb betrachtet die Kirche die Würde des Menschen über allen Preis erhaben. Regelungen, welche etwa die Geburt eines Menschen zum Gegenstand eines Warengeschäfts machen, lehnt sie vor diesem Hintergrund ab. Denn dadurch wird der Mensch einem zweckrationalen Kalkül unterworfen und in seiner unveräußerlichen Subjekthaftigkeit beschädigt. Sie hält daran fest, dass der Mensch Selbstzweck und kein Zweck für andere ist. Eingedenk der Tatsache, dass ethische Positionen auch innerhalb der Kirche umstritten sein können und Gegenstand von Debatten sind.

Die Kirche kann nicht erwarten, dass theologisch-ethische Positionen von einer pluralistischen und säkularen Gesellschaft geteilt werden. Sie darf aber erwarten, dass ihre Argumentation als relevanter Beitrag zum ethischen Diskurs respektiert wird. Das gilt auf jeden Fall für den eigenen Zuständigkeitsbereich, wo das kirchliche Selbstbestimmungsrecht greift, wie es im Grundgesetz verankert ist (Art. 137 Abs. 3 WRV i.V. m. Art. 140 GG)."