Stiftungsprofessur für Geschichte und Gegenwart des jüdisch-christlichen Verhältnisses

Nachricht 28. Oktober 2021

Stiftungsprofessur für Geschichte und Gegenwart des jüdisch-christlichen Verhältnisses an Berliner Humboldt-Universität gestartet

Mit der Antrittsvorlesung von Professorin Karma Ben Johanan als Stiftungsprofessorin für Geschichte und Gegenwart des jüdisch-christlichen Verhältnisses ist am gestrigen Mittwoch (27. Oktober) ein neues Kapitel im Zusammenwirken der evangelischen Kirche und der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin aufgeschlagen worden.

Auf Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und ihrer Gliedkirchen wurde am Institut Kirche und Judentum der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) mit finanzieller Unterstützung des Stifterverbandes und der VolkswagenStiftung eine Stiftungsprofessur für Geschichte und Gegenwart des jüdisch-christlichen Verhältnisses eingerichtet.

Am 27. Oktober 2021 hielt Prof. Dr. Karma Ben Johanan als Stiftungsprofessorin ihre Antrittsvorlesung. Ben Johanan studierte in Tel Aviv Geschichte und Religionswissenschaften. Nach ihrer Promotion leitete sie an einer Nachwuchsakademie eines renommierten Forschungsinstituts in Jerusalem eine Gruppe junger Forscherinnen und Forscher. In ihrer eigenen Forschung beschäftigt sie sich unter anderem mit einem oft übersehenen Aspekt des christlich-jüdischen Verhältnisses, nämlich den Beziehungen zwischen orthodoxen, eher Christentums-kritischen jüdischen Gruppen und dem Christentum. Auch hier, wo explizite Beziehungen schwierig bis unmöglich erscheinen, gibt es in Wahrheit viel Wechselwirkung.

In ihrer Antrittsvorlesung sprach Professorin Ben Johanan über Herausforderungen, mit denen die jüdisch-christliche Begegnung heute konfrontiert ist, und zwar durch die Brille der Metaphern, der Bilder und der Konzepte, mit denen die zeitgenössischen Beziehungen zwischen Juden und Christen oft dargestellt werden. Sie ging dabei besonders auf den deutschen bzw. (beziehungsweise) europäischen und andererseits den israelischen Kontext ein. Während Christen nach 1945 begannen, „nach Quellen in ihrer Tradition zu suchen, die ein Gefühl von mehr Affinität, Verbundenheit und Symbiose mit dem Judentum hervorrufen, haben die Juden begonnen, die Horizonte zu erkunden, die ihnen durch ihre neue Distanz zu den Christen eröffnet wurden.“

Zuvor hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, die neu eingerichtete Stiftungsprofessur als „ein Beispiel für das gute Zusammenwirken der Evangelischen Kirche mit der Berliner Humboldt-Universität, der VolkswagenStiftung und dem Stifterverband“ gewürdigt. Dass mit Frau Ben Johanan eine jüdische Frau und Israelin berufen wurde, sei ein Novum an einer evangelischen Fakultät, zugleich aber auch Ausdruck eines gewachsenen Vertrauens auf jüdischer Seite. Er begrüße dies sehr, denn theologische Forschung und Ausbildung sei heute nicht mehr möglich in der isolierten Selbstbeschäftigung evangelischer Theologie mit ihren eigenen theologischen Traditionen, sondern nur in der dialogischen Auseinandersetzung und im lebendigen Gespräch. Der Evangelischen Kirche sei es bei der Einrichtung der Stiftungsprofessur im Gefolge des Reformationsjubiläums auch um die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte im Verhältnis zum Judentum gegangen. Die Berufung Karma Ben Johanans sei insofern ein Glücksfall für die Kirche wie auch für die Universität.

Die Präsidentin der Humboldt-Universität, Prof. Sabine Kunst, bekräftigte in ihrem Grußwort die Bedeutung des neuen Lehrstuhls. Für die beiden Stiftungen betonte Dr. Pierre Schwidlinski von der VolkswagenStiftung, man freue sich, „dass wir der evangelischen Kirche bei der Einrichtung und Finanzierung der Professur ‚Geschichte und Gegenwart des christlich-jüdischen Verhältnisses‘ an der Humboldt-Universität zur Seite stehen dürfen – und damit einem besseren, von Dialog und Wertschätzung geprägten Verhältnis zwischen den Religionen heute und in Zukunft wissenschaftlich fundiert den Weg bereiten können.

Trotz coronabedingten Einschränkungen, unter denen die Veranstaltung stattfinden musste, waren unter den Teilnehmenden auch zahlreiche Vertreter jüdischer und kirchlicher Einrichtungen (angemeldet waren u. a. Pröpstin Christina Maria Bammel, Berlin; Landesbischof Stäblein, Berlin; Bischöfin Kirsten Fehrs, Hamburg; Prof. Dr. Walter Homolka, Potsdam; Mark Dainow, Zentralrat der Juden).

Hannover, 28. Oktober 2021, Pressestelle der EKD, Carsten Splitt