Unsere Kinder und Erzieher*innen haben mehr verdient!

Nachricht 09. März 2021

Das neue NKitaG braucht Verbesserungen

Seit über zwanzig Jahren warten Eltern sowie die pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen und Trägerverbände auf eine umfassende Änderung des niedersächsischen Kita-Gesetzes.
Ein Bündnis von Wohlfahrtspflege, Gewerkschaft und Elterninitiativen ist von den bisherigen Entwürfen, die erstmals am 9. März 2021 im Kabinett diskutiert werden, enttäuscht.

Das Bündnis kritisiert:
Der vorgelegte Entwurf bleibt weit hinter den Herausforderungen, die in den nächsten Jahren die Tageseinrichtungen für Kinder und die Kindertagespflege betreffen, zurück. Die bestehenden über 27 Jahre alten personellen und räumlichen Mindeststandards werden trotz gestiegener Aufgaben und Anforderungen an die pädagogische Arbeit weder überprüft noch angemessen reformiert.
Dadurch werden viele Unzulänglichkeiten fortgeschrieben. Zusätzliche Mittel für eine dringend notwendige qualitative Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tageseinrichtungen für Kinder werden nicht bereitgestellt. Nachbesserungen sind aus unserer Sicht dringend erforderlich, auch um die Attraktivität des Berufsbildes zu steigern.

Hiermit legt das Bündnis Vorschläge für Maßnahmen zur Nachbesserung des NKiTaG vor:
1. Einstieg in einen mehrjährigen Stufenplan zur Einführung einer dritten Kraft in Kindergartengruppen
Mit der stufenweisen Einführung der dritten Kraft in Krippengruppen konnte bereits vor Jahren
erfolgreich ein Meilenstein gesetzt werden. Als nächster Schritt war die Einführung einer dritten Fachkraft auch in Gruppen für 3-6-Jährige geplant, wurde auf 2025 verschoben und wird nun gar nicht mehr benannt. Die Erzieher*innen brauchen mehr Zeit für die Kinder und nur durch Verbesserungen der Rahmenbedingungen im beruflichen Alltag kann langfristig dem bestehenden Fachkräftemangel in Niedersachsen entgegengewirkt werden.
Die vom Land gestartete „Fachkräfteoffensive“ führt zwar zu mehr Absolventinnen und Absolventen, die jedoch nur dann dauerhaft in diesem Arbeitsfeld bleiben, wenn die Arbeitsbedingungen für sie stimmen. Ein modernes KiTaG mit einem angemessenen Fachkräfte-Kind-Schlüssel kann zu den notwendigen und längst überfälligen Qualitätsverbesserungen in Kindertageseinrichtungen führen. Dieser Zukunftspakt muss dringend angegangen werden.

2. Neuregelung und Verbesserung der Freistellungszeiten für Kita-Leitungen und Verfügungszeiten für pädagogische Fachkräfte
Die Leitungsaufgaben sind in den letzten 27 Jahren so erheblich angewachsen, dass eine Erledigung in der vorgesehenen Zeit von fünf Stunden wöchentlich pro Gruppe eine faktische Unmöglichkeit darstellt. Der gesetzliche Mindeststandard ist ungenügend. Das trifft besonders die kleinen Einrichtungen mit ein bis drei Gruppen, in denen die Leitung auch in die pädagogische Arbeit bei den Kindern eingebunden ist.
Die bereits 2016 veröffentlichte wissenschaftliche Studie der Bertelsmann Stiftung belegt diese Mängel anschaulich und zeichnet Möglichkeiten auf, welche Faktoren zu berücksichtigen sind, um angemessene Leitungszeiten festlegen zu können.
Ähnliches gilt für die mittelbare Arbeitszeit/Verfügungszeit der Erzieher*innen und anderen pädagogischen Fachkräfte. 7,5 Wochenstunden pro Gruppe reichen angesichts von Sprachförderung, Elternzusammenarbeit, Konzeptions- und Qualitätsentwicklung, Anleitung von Praktikant*innen, Planung und Dokumentation etc. schon lange nicht mehr aus. Durch die zunehmende Ganztagsbetreuung müssen sich teilweise vier Kolleg*innen 7,5 Wochenstunden teilen.
Sämtliche Trägerverbände haben dem MK diese Probleme seit mehreren Jahren vorgestellt und die Dringlichkeit von Änderungen angemahnt, leider ohne Erfolg. Eine Verbesserung der Leitungs- und Verfügungszeiten hat eine hohe Priorität. Zudem sind die zusätzlich erforderlichen Mittel im Vergleich zu anderen notwendigen Verbesserungen überschaubar. In Niedersachsen gibt es rd. 5.600 Kindertageseinrichtungen. Das Land beteiligt sich bisher mit rd. 20% Fachkraftförderung an diesen Stunden.

3. Anspruch auf einen integrativen Platz für Kinder mit Behinderungen im Gesetz verankern
Niedersachsen hält im bundesweiten Vergleich nur wenig integrative Plätze in Kindertageseinrichtungen vor.
Im Blick auf eine notwendige Weiterentwicklung der Inklusion in Kindertageseinrichtungen wäre eine ähnliche Regelung wie in § 4 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) wünschenswert gewesen. Mindestens jedoch sollte in § 20 NKiTaG ein Anspruch auf einen integrativen Platz für Kinder mit Behinderungen verankert werden. Weitere gesetzliche Schritte sind in Niedersachsen erforderlich, um eine gleichberechtigte Teilhabe für Kinder mit Behinderungen zu ermöglichen.
Gegenwärtig müssen Eltern klagen, wenn sie ihr Kind nicht in Sondereinrichtung geben wollen. Ein Anspruch auf einen integrativen Platz für Kinder mit Behinderungen wird bereits von einer großen Anzahl von Kommunen sichergestellt. Es wäre ein klares Signal für die Kommunen, die sich noch nicht auf den Weg gemacht haben.

Für das Bündnis:

  • Detlef Ahting, ver.di-Landesbezirksleiter Niedersachsen-Bremen
  • Martina Ernst, Vorstand des Bündnisses für Kinder und Familien Niedersachsen e.V.
  • Hans-Joachim Lenke, Vorsitzender der LAG-FW und Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen

Pressemeldung Diakonie in Niedersachsen