Was verbindet

Nachricht 29. Oktober 2020
Bevollmächtigte OLKR Dr. Kerstin Gäfgen-Track und OLKR Andrea Radtke; Fotos: J. Schulze, St. Heinze.

Die Bevollmächtigten OLKR Kerstin Gäfgen-Track und OLKR Andrea Radtke schreiben im Oktober-Newsletter der Konföderation:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die in den Medien geäußerte Kritik am Verhalten von Kirche gerade während des Lockdowns hat uns tief getroffen. Wir wären nicht bei den Menschen gewesen, die uns gebraucht hätten: Alte, Einsame, Kranke, Sterbende, aber auch Kinder und Jugendliche. Viele Heime und Krankenhäuser wurden komplett geschlossen, und wir konnten nicht hinein, auch weil es an Schutzmaterial fehlte. Wir hätten vielfach die Kirchen geschlossen und keine Gottesdienste gefeiert. Letzteres stimmt, wir haben während des Lockdowns keine Gottesdienste in den Kirchen selbst gehalten und viele Kirchen geschlossen. Wir haben dies aus drei Gründen getan: wir wollten erstens einen Beitrag leisten, dass die Zahl der Infektionen eingedämmt und die notwendige medizinische und pflegerische Ausrüstung bereitgestellt werden kann. Wir wollten zweitens sowohl Gottesdienstbesucher*innen wie kirchliche Mitarbeiter*innen, so gut wir es damals wussten, vor Ansteckung schützen. Wir wollten drittens nicht „staatstragend“ sein, sondern solidarisch uns für die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen einsetzen. Und: wir waren weiter bei Menschen, sind aber auch Begegnungen und Begleitung gerade in diesen Tagen schuldig geblieben.

In einer Zeit stark steigender Infektionszahlen entfaltet das Motto „Was verbindet“, unter das die Kirchen der Konföderation den diesjährigen Reformationstag gestellt haben, eine eigene Dynamik. Wir haben aus dem Lockdown des Frühjahrs gelernt, dass die Verbindung von Menschen miteinander, Begegnungen und Beziehungen genauso wichtig sind wie eine gute medizinische Versorgung, die im besten Fall gerade eine menschliche Beziehung entschließt. Viele Menschen, in besonderer Weise auch Kinder und Jugendliche leiden noch immer unter den Folgen des Lockdowns im Frühjahr. Das aktuelle Ringen um die Intensivierung der Kontaktbeschränkungen bis hin zu einem erneuten partiellen Lockdown zeigt, wie sehr nach einer Balance gesucht wird, die es Menschen möglich macht, Beziehungen unter den Bedingungen der Pandemie zu leben. „Was verbindet“ ist eine Frage und eine Antwort zugleich.

Jesus erzählt vom barmherzigen Samariter, den es schmerzt, als er einen Verletzten, der „unter die Räuber gefallen war“, am Wegrand sieht. Der barmherzige Samariter verbindet seine Wunden, pflegt ihn und bezahlt für seine weitere Versorgung. Die Wunden des Mannes am Wegrand werden versorgt und zugleich wird er nicht allein gelassen. Der Samariter bringt ihn in eine Herberge. Es ist ein Akt der Barmherzigkeit, an Menschen nicht vorbeizugehen, gerade auch wenn sie verwundete Herzen und Seelen haben, weil sie allein leben, Begegnungen mit anderen Kindern und Jugendlichen nicht möglich sind, sie krank sind oder im Sterben liegen. Gerade dann den Kontakt suchen, sie begleiten und sie trösten auf vielfältige Weise. „Was verbindet“, ist gegenwärtig die Frage danach, auf welche Weise wir mit Menschen in Verbindung bleiben können. Herzen und Seelen berühren.

Begegnung ermöglichen und Beziehung halten, ist Ausdruck der Nächstenliebe. Nächstenliebe lässt sich vielfältig leben: neugierig auf andere Menschen zugehen, ihre Belange hören, ihnen mit Empathie begegnen, sich ihrer Körper, Herzen und Seelen annehmen, mit anderen zusammenzuarbeiten oder zu kooperieren, auch ohne dass alle einer Meinung sind, an denselben Gott glauben oder die gleichen Romane lieben. Die Perspektive ist schlicht die Nähe zu den Menschen.

„Was verbindet“ – menschlich sein, Nächstenliebe konkret werden lassen und für uns als Kirchen heißt es: auf die Nähe Gottes zu den Menschen und die damit verbundene Hoffnung vertrauen.

Wir wünschen Ihnen ein nachdenkliches Reformationsfest, gute Begegnungen mit anderen Menschen und natürlich viel Gesundheit. Wir bleiben gerne – und sei es per Newsletter - mit Ihnen in Verbindung

Ihre Kerstin Gäfgen-Track und Andrea Radtke
Die Bevollmächtigten Kerstin Gäfgen-Track und Andrea Radtke