Organspende - Kirchenleitende aus Niedersachsen begrüßen Entscheidung des Bundestages

Nachricht 16. Januar 2020
Ausweise für die freiwillige Organspende (Stand 2029). Foto Jasmin777/Pixabay

Ev.-lutherische Landesbischöfe und der ev.-reformierte Kirchenpräsident begrüßen die Entscheidung des Bundestages zur Neuregelung der Organspende und sprachen die Hoffnung aus, dass mehr Menschen sich mit dem Thema Organspende und ihrer Bedeutung Leben zu retten persönlich auseinandersetzen werden.

Eine Kurzfassung der Statements im epd-Artikel, weiter unten die Originalbeiträge:

Kirchenvertreter begrüßen Bundestagsbeschluss zur Organspende 

Hannover/Berlin (epd). Die leitenden evangelischen Theologen in Niedersachsen und Bremen haben die Entscheidung des Bundestags für eine erweiterte Zustimmungsregelung bei der Organspende begrüßt. "Aus meiner Sicht darf niemand zu einer Entscheidung gezwungen werden", betonte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister am Donnerstag nach der Abstimmung in Berlin. Die Organspende sei "eine Entscheidung, die in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele hinuntersteigt", sagte er. "Ich muss mich mit meinem Ende auseinandersetzen, mit Sterben und Tod." Er selbst trage seit Jahren eine kleine Karte zur Organspende bei sich.

Der Bundestag hatte am Vormittag im Grundsatz die geltende Regelung zur Organspende bestätigt. Organe und Gewebe dürfen nach dem Tod nur entnommen werden, wenn die betreffende Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat, einen Organspendeausweis besitzt oder die Angehörigen der Entnahme zugestimmt haben. Eine sogenannte Widerspruchsregelung hatten die Abgeordneten zuvor abgelehnt. Danach wäre jeder potenziell ein Spender geworden, der zu Lebzeiten nicht widersprochen hätte. In Deutschland warten rund 9.000 Menschen auf ein lebensrettendes Spenderorgan.

"Eine Spende bleibt eine Spende", kommentierte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit. Die eigentliche Debatte um die Zukunft der Organspende habe jetzt erst begonnen. "Wir werden in der Konfirmandenarbeit, im Religionsunterricht, in Gottesdiensten und mit unserer kirchlichen Bildungsarbeit dazu einen offensiven und wichtigen Beitrag leisten." Die Kirche wolle daran mitwirken, dass die Spendenbereitschaft wachse, betonte der Bischof. Auch er führe stets einen Organspendeausweis bei sich.

Der schaumburg-lippische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke würdigte, es habe sich erneut bewährt, dass in der wichtigen ethischen Frage bei der Abstimmung der Fraktionszwang aufgehoben worden sei und die Gewissensbildung der Abgeordneten eine entscheidende Bedeutung bekommen habe. Er sei froh, dass die erweiterte Zustimmungsregelung eine breite Mehrheit bei den Abgeordneten bekommen habe. Damit würden wichtige Anliegen gestärkt. Es gehe darum, die aus Umfragen hervorgehende hohe Spendenbereitschaft auch zu sichern und regelmäßig anzusprechen. "Denn es warten zu viele zu lange auf ein Organ."

Auch der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche in Leer, Martin Heimbucher, lobte die "anspruchsvolle ethisch-politische Entscheidung" im Parlament. Er appellierte an alle Bürger, sich verbindlich dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Wer als Betroffener ein Spenderorgan annehmen würde, müsse sich auch zu der Frage äußern, ob er selber zur Spende seiner Organe bereit wäre.

Der leitende bremische Theologe, Bernd Kuschnerus, unterstrich, dass auch der tote Mensch eine Würde und das Grundrecht auf einen unversehrten Körper habe. "Die Widerspruchslösung hätte ich als Holzhammer-Methode empfunden." Ein Zweckdenken im Umgang mit Toten und Sterbenden entspreche nicht seinem christlichen Menschenbild.

Für den Braunschweiger Bischof Christoph Meyns ist eine freiwillige Organspende "ein herausragender Akt der Nächstenliebe". Meyns betonte: "Allen, die sich dazu entschließen, gebührt mein größter Respekt." Gerade deswegen sollte es auch eine persönliche Gewissensentscheidung bleiben: "Der Staat sollte hier den Anschein jedweder Repression vermeiden." (6273/16.01.20)

epd lnb jön/mig/mil mir

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Bischof Thomas Adomeit begrüßt Entscheidung des Bundestages zur Organspende

Oldenburg. Bischof Thomas Adomeit, Leitender Geistlicher der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, begrüßt die heutige Entscheidung des Deutschen Bundestages, dass die Organspende eine freiwillige Entscheidung bleibt.  „Eine Spende bleibt eine Spende“, so fasst Bischof Thomas Adomeit die heutige Entscheidung des Bundestags zur Neuregelung der Organspende zusammen.

„Mit Anerkennung und Dankbarkeit blicke ich auf die engagierten Voten aller Beteiligten im Bundestag. Unsere Abgeordneten stimmten trotz unterschiedlicher Wege im Ziel der Debatte überein: Die Möglichkeit zur Organspende muss deutlicher als zuvor als Aufgabe und Auftrag aller verstanden werden. Mit der Zustimmungslösung ist die Wertschätzung der freien Entscheidung, die Wertschätzung des Körpers als ein besonderes Gut jenseits ökonomischer Verfügbarkeit und die Möglichkeit der Trauerbewältigung und Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Lebensweitergabe am besten gesichert.“

Die eigentliche Debatte um die Zukunft der Organspende habe jetzt erst begonnen, so Bischof Adomeit. „Die Entscheidung zur Zustimmungslösung ist ein erster, wichtiger Schritt. Jetzt müssen wir uns als Christinnen und Christen mit allen gesellschaftlichen Gruppen und Partnern dafür stark machen, dass sich deutlich mehr Menschen für eine freiwillige Organspende entscheiden. Das Thema ist eine Bildungsaufgabe: Wir werden in der Konfirmandenarbeit, im Religionsunterricht, in Gottesdiensten und mit unserer kirchlichen Bildungsarbeit dazu einen offensiven und wichtigen Beitrag leisten. Hier können wir allen Stimmen und Meinungen zur Organspende Raum geben, dass Menschen sich mit Fragen nach Leben und Sterben auseinandersetzen. Unser Ziel ist es, daran mitzuwirken, dass die Spendenbereitschaft zugunsten deren, die seit Jahren verzweifelt auf eine Organspende warten, wächst.“

„Ich glaube, dass mein Herrgott mich auch lieb hat, wenn ich nicht ganz vollständig vor ihn trete“, so Bischof Thomas Adomeit abschließend, der sich persönlich für ein freiwilliges „Ja“ zur Organspende entschieden hat und eine kleine Karte zur Organspende mit sich führt.
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Landesbischof Meyns begrüßt die Entscheidung des Bundestages zur Organspende

Braunschweig/Wolfenbüttel. Landesbischof Dr. Christoph Meyns hat die Entscheidung des Deutschen Bundestages begrüßt, die bestehende Regelung zur Organspende nicht grundlegend zu verändern. Die sogenannte Widerspruchslösung hätte zentralen ethischen und rechtlichen Grundlagen widersprochen, so der Landesbischof. „Anderen Menschen den eigenen Körper zur Verfügung zu stellen, ist ein herausragender Akt der Nächstenliebe. Allen, die sich dazu entschließen, gebührt mein größter Respekt.“

Gerade deswegen aber bedürfe es einer persönlichen Gewissensentscheidung, die aus freien Stücken und in voller Selbstbestimmung getroffen werden müsse, so Meyns weiter. „Der Staat sollte hier den Anschein jedweder Repression vermeiden. Nur so bleibt der Charakter einer Spende erhalten.“

Der Landesbischof betont, dass das Grundgesetz dieser ethischen Position gerecht werde, wenn es in Artikel 2 das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit festschreibt und außerdem davon spreche, dass die Freiheit der Person unverletzlich sei. „Hier wird ein Grundrecht formuliert, das staatliches Handeln bindet, und das Menschen uneingeschränkt bis in ihr Sterben und ihren Tod in Anspruch nehmen können.“ Der Mensch und sein Körper dürften nicht dem Denken in Kriterien von Nützlichkeit unterworfen werden.

Gleichzeitig ruft der Landesbischof dazu auf, angesichts des Leids von Menschen, die verzweifelt auf ein Spenderorgan warten, um leben zu können, alles zu tun, um noch besser über das Thema Organspende zu informieren. Es sei ermutigend, dass die Zahl der Menschen mit einem Organspendeausweis in den vergangenen Jahren auf rund ein Drittel der Bevölkerung gestiegen sei. Diese Entwicklung zeige, dass es möglich sei, auch ohne Widerspruchslösung ein zunehmendes Bewusstsein für die Bedeutung von Organspenden zu erreichen.
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Landesbischof Meister begrüßt Bundestagsentscheidung zur Organspende

Landesbischof Ralf Meister, Hannover, sagt zur heutigen (16.1.2020) Entscheidung des Bundestags zur Neuregelung der Organspende:

"Der Deutsche Bundestag hat entschieden: Auch künftig werden Menschen nach ihrem Tod nicht automatisch zu Organspendern*innen. Die Debatte war kontrovers, auch Abgeordnete der gleichen Partei haben heute im Parlament leidenschaftlich für unterschiedliche Positionen geworben. Pluralität und Meinungsvielfalt sind im Bundestag deutlich zutage getreten - eine solche Debatte zeigt, wie lebendige Demokratie aussieht.

Ich begrüße es, dass nun das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft verabschiedet wurde. Aus meiner Sicht darf niemand zu einer Entscheidung gezwungen werden. Dennoch bleibt es weiter - und ganz unabhängig davon, was jetzt gesetzlich geregelt wurde - in der Verantwortung jedes einzelnen Menschen, eine Entscheidung zu treffen. Deshalb muss das neue Gesetz jetzt rasch umgesetzt werden.

Die Frage der Organspende ist immer eine höchst persönliche und emotionale. Es ist eine Entscheidung, die in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele hinuntersteigt: Ich muss mich mit meinem Ende auseinandersetzen, mit Sterben und Tod. Als Kirche werden wir weiter Menschen dabei beraten und bei der Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod begleiten. Ich persönlich habe mich schon vor Jahren entschieden: für eine kleine Karte zur Organspende - und für ein freiwilliges „Ja“ zur Organspende."
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Krichenpräsident Heimbucher begrüßt Entscheidung des Bundestages

Kirchenpräsident Martin Heimbucher hat die Entscheidung des Bundestags begrüßt, dass die Organspende weiterhin die freiwillige Zustimmung benötigt.

Der Bundestag lehnte heute Vormittag den Gesetzentwurf der sogenannten doppelten Widerspruchslösung ab. Eine Gruppe um Gesundheitsminister Spahn (CDU) und den SPD-Gesundheitsexterten Karl Lauterbach hatte vorgeschlagen, dass jeder Bundesbürger automatisch als Organspender zur Verfügung stehe, außer er habe dem zuvor widersprochen.  Eine klare Mehrheit fand der Vorschlag, dass Bürger künftig bei Behörden und Ärzten für die Organspende sensibilisiert werden sollen und ihre Spendebereitschaft in einem Online-Register erklären können.

Heimbucher sagte nach der Abstimmung im Bundestag:

„Schon die Tatsache, dass der Bundestag diese anspruchsvolle ethisch-politische Entscheidung ohne Fraktionszwänge debattiert und getroffen hat, ist ein Qualitätszeichen für die demokratische Kultur unseres Landes.

Auch ich hätte gegen den faktischen Automatismus einer Widerspruchslösung und für eine Entscheidungslösung votiert. Dennoch hätte ich mit eine höhere Verbindlichkeit bei der Abfrage jedes mündigen Bundesbürgers gewünscht.

Ich bejahe die Organspende und sehe die Not vieler, die auf ein Spenderorgan warten. Wenn davon auszugehen ist, dass die meisten von uns als Betroffene ein Spenderorgan annehmen würden, dann ist umgekehrt auch von allen zu erwarten, dass sie sich zu der Frage äußern, ob sie auch selber zur Spende ihrer Organe bereit wären oder nicht. Das sollten wir alle jetzt auf freiwilliger Basis tun.“