Bischof Kramer aus Mitteldeutschland: Entschieden für Demokratie und Menschenfreundlichkeit

Nachricht 26. Februar 2020
Landesbischof Friedrich Kramer, Ev. Kirche in Mitteldeutschland

Hannover/Magdeburg (epd). Der Magdeburger Bischof Friedrich Kramer hat zu einem tieferen Verständnis für die Situation in Ostdeutschland aufgerufen. "Ganz wichtig ist, dass wir gemeinsam als Demokraten in Deutschland den Osten in den Blick nehmen", sagte er am Dienstag beim Parlamentarischen Abend der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen in Hannover. Es sei wichtig, politisch dort aktiv zu werden und Menschen in ihrem Einsatz gegen Rechtspopulisten zu unterstützen.

Mit Blick auf die Erfolge populistischer Parteien sagte der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, der Osten Deutschlands sei im internationalen Vergleich normal. Auch in Italien, Frankreich oder Amerika erzielten Populisten Wahlerfolge. Die alte Bundesrepublik sei bisher ein Sonderfall. Dies liege zum einen am Wohlstand. Zudem hätten die Geschichtsaufarbeitung und die gesellschaftliche Übereinkunft, dass die NS-Zeit mit all ihren schrecklichen Auswirkungen einmalig bleiben müsse, dazu beigetragen.

Im Osten hätten in der Zeit der friedlichen Revolution Menschen Ermutigung erfahren und sich auf die Straße getraut, um auch gegen Nachrüstung und die teils verheerende ökologische Situation sowie für Frieden und Gerechtigkeit zu demonstrieren, sagte Kramer. Die deutsche Einheit sei dann für viele Menschen eher bitter gewesen, etwa durch den Verlust von Arbeitsplätzen. Schmerzlich sei für viele Bürgerrechtler gewesen, dass das, was sie errungen hätten, keine Resonanz mehr gefunden habe. So hätten sich etwa viele eine gemeinsame neue Verfassung gewünscht.

Auch habe es einen doppelten "Ost-West-Transfer" gegeben, erläuterte der Bischof. Durch den Freikauf politischer Gefangener und die spätere Abwanderung, sei auch die Negativ-Erinnerung an die DDR in den Westen abgewandert. Dagegen hätten westdeutsche Nazis als Vordenker oder Parteistrategen den Osten erobert wie etwa Götz Kubitschek, Andreas Kalbitz oder Björn Höcke. Die Übernahme der AfD durch die neue Rechte sei kalkuliert. "Es ist die Vollendung der deutschen Einheit."

Auf die Kirchen komme die große Verantwortung zu, zum Zusammenhalt der Gesellschaft beizutragen, sagte Kramer. Die mitteldeutsche Kirche trete entschieden für Demokratie und Menschenfreundlichkeit ein. Dadurch sei sie auch von der AfD als Feind fokussiert. "Wir stehen da vor Auseinandersetzungen, die wir gerne austragen, gerade um der Menschen willen. Weil wir niemanden verloren geben dürfen."

Zum Parlamentarischen Abend lädt die Konföderation evangelischer Kirchen alljährlich Abgeordnete des niedersächsischen Landtages und die Landesregierung ein. ​Der Abend soll Vertreterinnen und Vertretern aus Land, Kirche und anderen Religionsgemeinschaften, aus Diakonie, Kultur, Wissenschaft, Handwerk und Sport miteinander ins Gespräch bringen. 

epd lnb mir mig