Niedersachsens Justizministerin will religiöse Symbole für Richter verbieten

Nachricht 19. November 2018

Hannover (epd). Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) will religiöse Symbole für Richter und Staatsanwälte verbieten. Nach einem Bericht des NDR (Sonntag) sollen sie in Zukunft keine religiösen oder weltanschaulichen Symbole wie Kopftuch, Kreuze oder Kippa bei öffentlichen Verhandlungen mehr tragen dürfen. Das sieht ein nicht-öffentlicher Referentenentwurf des Justizministeriums vor, der dem NDR vorliegt.

Das Gesetz soll die Neutralität der Justiz stärken. Anlass seien muslimische Referendarinnen, die das Kopftuch auch im Gerichtssaal als Sitzungsvertreterinnen tragen wollten, sagte Havliza dem Sender. "Jeder im Gericht muss den Eindruck haben, ein Richter oder Staatsanwalt sei völlig frei von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen." Bevor jeder Gerichtsbezirk unterschiedlich damit umgehe, sei eine einheitliche Regelung geboten.

Die aus dem Iran stammende Juristin und Religionswissenschaftlerin Hamideh Mohagheghi kritisierte im Gespräch mit dem NDR den Entwurf. "So hindert man durch Verbote Frauen daran, dass sie bestimmte Berufe ausüben." Kopftuch tragen und eine gute Richterin sein - das sei aus ihrer Sicht kein Widerspruch. Doch muslimische Frauen hätten keine Möglichkeit, dies unter Beweis zu stellen und die Gesellschaft davon zu überzeugen, wenn man es nicht ausprobiere. Wer den Verdacht auf eine voreingenommene Prozessführung habe, könne schließlich wie bisher auch Befangenheitsbeschwerde einlegen, ergänzte Mohagheghi. Darüber werde dann wie in anderen Fällen auch befunden.

Von dem Verbot nicht betroffen sind Kreuze, die noch in einigen Verhandlungsräumen der Amtsgerichte Vechta und Cloppenburg hängen. Sie sollen belassen werden. Wenn jemand damit ein Problem habe, könnten die Kreuze schließlich abgehängt werden oder der Prozess in einen anderen Raum verlegt werden, sagte Havliza.

Das Gesetz soll noch in diesem Jahr ins niedersächsische Kabinett und dann in die übliche Verbandsanhörung gehen. Derzeit ist vor dem Bundesverfassungsgericht noch eine Klage einer muslimischen Referendarin aus Hessen anhängig. Wann dort über die Grundrechtsabwägung entschieden wird, ist nicht bekannt. 

epd lnb sel ​, 18. November 2018

Reaktionen aus Hannover und Berlin 

Kirchenamtspräsidentin begrüßt Verbot religiöser Symbole für Richter

Hannover (epd). Die Präsidentin des hannoverschen Landeskirchenamtes, Stephanie Springer, begrüßt im Grundsatz das von Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) geplante Verbot religiöser Symbole im Gerichtssaal. "Die Robe als Amtstracht ist ein besonders herausgehobenes Zeichen der staatlichen Neutralität", sagte Springer am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Juristin, die bis 2013 selbst als Richterin am Oberlandesgericht in Celle arbeitete, leitet das Kirchenamt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

Sie halte es grundsätzlich für richtig, wenn Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei der Amtsausführung religiöse Symbole und Kleidungsstücke nicht in auffällig sichtbarer Weise tragen dürften, sagte Springer. Allerdings müsse das Verbot mit der individuellen Religionsfreiheit in Abwägung gebracht werden. Deshalb müssten diskrete Zeichen wie ein kleines Kreuz, ein Davidstern oder das Zeichen einer anderen Religion an einer Kette erlaubt bleiben.

Justizministerin Havliza hatte am Sonntag angekündigt, in Niedersachsen sollten Richter und Staatsanwälte künftig keine religiösen oder weltanschaulichen Symbole wie Kopftuch, Kreuze oder Kippa bei öffentlichen Verhandlungen mehr tragen dürfen. Das sehe ein nicht-öffentlicher Referentenentwurf des Justizministeriums vor, bestätigte das Justizministerium in Hannover dem epd. Zuerst hatte der NDR über den Entwurf berichtet. Das Gesetz soll die Neutralität der Justiz stärken.

Anlass seien muslimische Referendarinnen, die das Kopftuch auch im Gerichtssaal als Sitzungsvertreterinnen tragen wollten, sagte Havliza laut NDR. "Jeder im Gericht muss den Eindruck haben, ein Richter oder Staatsanwalt sei völlig frei von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen." Bevor jeder Gerichtsbezirk unterschiedlich damit umgehe, sei eine einheitliche Regelung geboten.

Ob das Verbot auch für Schmuckketten mit einem Kreuz, Halbmond oder Davidsstern gelte, müsse im Einzelfall entschieden werden, erläuterte ein Sprecher des Justizministeriums. Von dem Verbot nicht betroffen sind Kreuze, die noch in einigen Verhandlungsräumen der Amtsgerichte Vechta und Cloppenburg hängen. Sie sollen belassen werden. Wenn jemand damit ein Problem habe, könnten die Kreuze schließlich abgehängt werden oder der Prozess in einen anderen Raum verlegt werden, sagte Havliza.

epd lnb mir/mig/sel bjs

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Barley begrüßt Verbot religiöser Symbole im Gerichtssaal

Osnabrück (epd). Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat Pläne der niedersächsischen Landesregierung begrüßt, wonach Richter und Staatsanwälte in diesem Bundesland künftig keine religiösen Symbole wie Kreuze oder Kopftücher bei öffentlichen Verhandlungen tragen dürfen. "Ein Gericht entscheidet unabhängig von religiösen Einstellungen", sagte Barley der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Diese Neutralität muss auch nach außen sichtbar werden." Das entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Auch der Deutsche Richterbund sprach sich für ein gesetzliches Verbot religiöser Kleidung und Zeichen bei Amtsträgern im Gerichtssaal aus und begrüßte die niedersächsische Initiative. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte der Zeitung, die Justiz sei zu strikter Neutralität verpflichtet. "Damit sind religiöse Kleidung sowie weltanschauliche, politische und religiöse Zeichen bei Amtsträgern im Gerichtssaal nicht vereinbar", erklärte er. "Der Gesetzgeber sollte das durch ausdrückliche Verbote klarstellen." Es gehe darum, einen Raum zu schaffen, "in dem alle Aufmerksamkeit auf die zu entscheidende Sache gerichtet werden kann".

Die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hatte zuvor erklärt, jeder in einem Gerichtssaal müsse den Eindruck haben, dass Richter und Staatsanwalt frei von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen seien. Ein entsprechendes Gesetz werde noch in diesem Jahr vom Kabinett in Hannover beschlossen. Anlass dafür sei der Fall einer muslimischen Referendarin, die auch im Gerichtssaal ein Kopftuch tragen wollte.

epd lnb mih