Kirchen wollen am Kirchenasyl festhalten

Nachricht 26. Juli 2018

Hannover/Berlin (epd). Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen wollen trotz strengerer Regeln durch den Bund vom 1. August an am Kirchenasyl festhalten. In einem Brief an alle Kirchenkreise der hannoverschen Landeskirche schreibt Bischof Ralf Meister, die Kirchen seien sich bewusst, dass ihr Asyl rechtlich nicht anerkannt sei: "Es kann und soll jedoch in besonderen Fällen einen Aufschub für weitere Klärungen des jeweiligen Einzelfalls gewähren." Nach Angaben des Bundesinnenministeriums soll die für Betroffene oftmals maßgebliche Frist in sogenannten Dublin-Fällen von 6 auf 18 Monate erhöht werden, wenn Kirchengemeinden Verfahrensabsprachen nicht einhalten.

Die Dublin-Regelung besagt, dass der Staat, in dem ein Flüchtling erstmals den Boden der EU betreten hat, für das Asylverfahren zuständig ist. Reist der Asylsuchende weiter, kann er bisher innerhalb einer Frist von sechs Monaten wieder in den Ersteinreisestaat zurückgeschickt werden. Verstreicht die Frist, ist der andere Staat, also in diesem Fall Deutschland, zuständig. Durch das Kirchenasyl wird die Frist oftmals überschritten.

Die Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Kerstin Gäfgen-Track, sagte am Donnerstag, die Verlängerung auf 18 Monate stelle eine "unzumutbare Härte sowohl für die Gemeinden als auch für die Geflüchteten selbst dar". Die Gemeinden müssten dann nicht nur für lange Zeit Räume bereitstellen, sondern die Flüchtlinge auch medizinisch versorgen.

Gäfgen-Track unterstrich, dass es keinerlei Bedarf für eine Verlängerung der Überstellungsfrist gebe. Angesichts der absoluten Zahl von Asylverfahren sei die Zahl der Kirchenasyle in Niedersachsen "sehr maßvoll". Einem Sprecher zufolge beläuft sich die Zahl zurzeit auf etwa 20.

Bundesweit suchen in diesem Sommer laut Bundesinnenministerium rund 780 Menschen Schutz in den Gemeinden, die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche spricht von 872. "Aus christlicher Überzeugung heraus setzen wir uns für eine Flüchtlingspolitik ein, die den Schutz und die Not der Menschen in den Mittelpunkt stellt, nach Wegen sucht, die vielfältigen Fluchtursachen zu bekämpfen und nicht an immer besseren Wegen der Abschottung arbeitet", sagte die Oberlandeskirchenrätin Gäfgen-Track.

Bischof Meister betont in seinem Schreiben, dass sich Christinnen und Christen in den vergangenen Jahren in großartiger Weise an die Seite derer gestellt hätten, die aus Kriegsgebieten geflohen seien. Das Kirchenasyl könne und solle in besonderen Einzelfällen einen Aufschub für weitere Klärungen schaffen. "Es wendet sich nicht gegen den Rechtsstaat, sondern erinnert diesen gerade an das grundgesetzlich verankerte Recht auf Menschenwürde, Freiheit und körperliche Unversehrtheit." Er rief die Gemeinden dazu auf, sensibel damit umzugehen und sich beraten zu lassen. Seinem Brief liegt eine vierseitige Anlage mit aktuellen juristischen Hinweisen bei. (6088/26.07.18)

epd - lnb mil/bas mir