Herbstsynode in Hannover - Beratungen und Beschlüsse

Nachricht 03. Dezember 2018
Foto: Jens Schulze

Rabbiner bekräftigt Verbundenheit mit der Kirche

Hannover (epd). Das Gespräch mit dem Judentum, die Friedensarbeit sowie die Prävention gegen sexuellen Missbrauch haben am Donnerstag die Beratungen der evangelischen Landessynode in Hannover bestimmt. Dabei bekräftigte der jüdische Rabbiner Gabor Lengyel seine Verbundenheit mit der evangelischen Kirche trotz des Streites um den Reformationstag in diesem Jahr. "Auch wenn es mich schmerzt, dass der Landtag den 31. Oktober als gesetzlichen Feiertag für alle beschlossen hat, bleibt meine enge Verbindung zur Landeskirche uneingeschränkt bestehen", sagte Lengyel am Donnerstag unter Applaus vor dem Kirchenparlament. Jüdische Gemeinden hatten wegen judenfeindlicher Ausfälle des Reformators Martin Luther (1483-1546) Kritik an dem Landtagsbeschluss geübt.

In einer rund einstündigen Bibelauslegung erinnerte Lengyel als Gastredner an die antisemitische Verfolgung der Juden über viele Jahrhunderte. Alles sei den Juden geraubt worden: Vaterland, Grundbesitz, Eigentum, Freiheit und oft das Leben. Doch der Glaube an Gott habe ihnen trotz schwerster Bedrängnis Kraft gegeben. "Eine unsichtbare Macht hat das an alle Enden der Welt zerstreute Volk Israel bis auf den heutigen Tag erhalten."

Mitglieder der Synode stellten bei der Herbsttagung des Parlaments mehrere Projekte zur Friedensarbeit und zur Unterstützung von Binnenflüchtlingen in Afrika vor. Diese sollen zwei weitere Jahre lang gefördert werden. Dazu sind nach Worten des Vorsitzenden des Ausschusses für Mission und Ökumene, Ottomar Fricke, für 2019 und 2020 Mittel in den Haushalt eingestellt worden.

Insgesamt knapp eine Million Euro sollen für Projekte auf dem afrikanischen Kontinent bereitstehen. Auf Beschluss der Synode hatte die Landeskirche bereits zuvor rund 1,2 Millionen Euro für fünf Projekte zur Verfügung gestellt, die das Evangelisch-lutherische Missionswerk in Niedersachsen gemeinsam mit afrikanischen Partnerkirchen entwickelt hat. Dazu zählen Beratungsstellen für Flüchtlinge in Südafrika und Projekte zur Versöhnungsarbeit in Äthiopien.

Auch das Netz von Friedensorten auf dem Gebiet der Landeskirche soll mit 600.000 Euro Fördermitteln weiter ausgebaut werden. Bisher gibt es sechs solcher Orte, für die schon einmal rund 600.000 Euro zur Verfügung gestellt wurden. Dazu zählt etwa die Dokumentationsstätte Gnadenkirche Tidofeld in Norden, die sich mit der Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen auseinandersetzt. Ein weiteres Beispiel ist die kirchliche Friedens- und Gedenkstättenarbeit ausgehend von der Gedenkstätte Lager Sandbostel.

Erneut befasste sich die Synode mit der Prävention gegen sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirche. Alle Bereiche der Kirche müssten flächendeckend dafür sensibilisiert werden, forderte Pastorin Hella Mahler als Gleichstellungsbeauftragte: "Wir dürfen dem Missbrauch keinen Raum bieten. Jetzt müssen Taten folgen, denn jeder Fall von sexualisierter Gewalt in unserer Kirche ist ein Fall zu viel."

In den evangelischen Kirchen in Niedersachsen sind aus der Zeit von 1945 bis heute insgesamt mehr als 130 Fälle von sexuellem Missbrauch bekannt. Allein in der hannoverschen Landeskirche sind es 119. Landesbischof Ralf Meister hatte bereits am Mittwoch eine intensive Aufarbeitung der Fälle verlangt, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. (9277/29.11.18)

epd lnb mig/mir mil

Hannovers Synode will jünger und weiblicher werden

Hannover (epd). Die hannoversche Landeskirche will ihr Kirchenparlament verjüngen und für ein möglichst ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern sorgen. Dafür hat die Landessynode am Freitag zum Abschluss ihrer viertägigen Tagung in Hannover eine Gesetzesänderung beschlossen.

Demnach soll bereits bei der Aufstellung der Kandidaten in den 48 Kirchenkreisen sichergestellt werden, dass 20 Prozent unter 30 Jahre alt sind. Bei den Frauen und Männern soll das jeweils geringer vertretene Geschlecht zu mindestens 40 Prozent repräsentiert sein. Wird die Quote nicht erreicht, muss der Nominierungsausschuss nacharbeiten. Wie viele Frauen, Männer und junge Menschen letztlich in die Synode einziehen, ergibt dann die Wahl.

2019 stehen die Wahlen an. Die neue Synode tritt im Frühjahr 2020 zusammen. Sie besteht aus 66 gewählten und 12 zusätzlich berufenen Mitgliedern. Bei der letzen Wahl im Jahr 2013 wurden zwei junge Menschen unter 30 in das Kirchenparlament gewählt. Unter den zusätzlich Berufenen war einem Kirchensprecher zufolge niemand in dieser Altersgruppe. Aktuell sind die Frauen mit rund 44 Prozent leicht in der Minderheit.

In der Synode arbeiten seit Februar 2014 erstmals von der evangelischen Jugend abgesandte Jugenddelegierte mit. Die vier Delegierten haben bisher nur ein Rede- und Antragsrecht. Mit der neuen Synode sollen sie auch ein Stimmrecht erhalten.

"Unsere Arbeit hat sich gelohnt", sagte die Jugenddelegierte Sophie Dankert dem epd. "Wir haben gezeigt, dass es wert ist, unsere Stimme zu hören, und die Synode hat gezeigt, dass sie das auch tut", sagte die 24-Jährige. Mit dem Stimmrecht und der Chance, dass künftig deutlich mehr junge Menschen ins Kirchenparlament einziehen könnten, bekomme die Position der Jüngeren jetzt mehr Gewicht. "Das ist ein großer und richtiger Schritt." Damit arbeite die Synode auch an ihrer Zukunftsfähigkeit. (0104/30.11.18)

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Landeskirche will Prävention gegen Missbrauch verstärken

Hannover (epd). Die hannoversche Landeskirche will in ihren Gruppen und Kreisen die Prävention gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verstärken. Alle Bereiche der Kirche müssten flächendeckend für dieses Thema sensibilisiert werden, forderte Pastorin Hella Mahler am Donnerstag vor der in Hannover tagenden evangelischen Landessynode. "Wir dürfen dem Missbrauch keinen Raum bieten", sagte Mahler, die als Gleichstellungsbeauftragte der Landeskirche zugleich zuständig für Fälle von Missbrauch ist. "Jetzt müssen Taten folgen, denn jeder Fall von sexualisierter Gewalt in unserer Kirche ist ein Fall zu viel."

In den evangelischen Kirchen in Niedersachsen sind aus der Zeit von 1945 bis heute insgesamt mehr als 130 Fälle von sexuellem Missbrauch bekannt. Allein in der hannoverschen Landeskirche sind es 119. Die meisten Fälle ereigneten sich in der Nachkriegszeit in Heimen der Diakonie. Doch auch Pastoren, Diakonie, Erzieher und Musiker aus Kirchengemeinden gehörten zu den Tätern. Soweit die Kirchenleitung davon wusste, wurden sie seit 1998 aus dem Dienst entfernt.

Die hannoversche Landeskirche gehöre bei der kirchlichen Missbrauchsprävention zu den Vorreitern, sagte die Präsidentin des Landeskirchenamtes in Hannover, Stephanie Springer, vor dem Kirchenparlament. Für Verdachtsfälle gebe es seit zehn Jahren einen gut funktionierenden Krisenplan. "Alle, die sich professionell damit beschäftigen, wissen zu jedem Zeitpunkt, was sie zu tun haben." Bei schwerem Verdacht werde der mutmaßliche Täter vom Dienst suspendiert. "Wir schalten immer sofort die Staatsanwaltschaft ein."

Die evangelische Kirche muss laut Springer jedoch klären, wo die "typisch protestantische Kultur" sexuellen Missbrauch begünstige. Kritische Anfragen seien auch an die protestantische Theologie zu richten: So seien Missbrauchsopfer möglicherweise vorschnell zur Vergebung gedrängt worden. "Da müssen wir näher hinschauen." Kindergärten, evangelische Schulen, die Jugendarbeit sowie die Kirchenmusik seien besondere "Risikofelder" für Missbrauch.

Oberlandeskirchenrat Rainer Mainusch sagte dem epd, die Landeskirche verlange für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit seit Jahren eine erweitertes polizeiliches Führungszeugnis. Angehende ehrenamtliche Jugendleiter würden in Schulungen darauf vorbereitet, was zu tun sei, wenn es Anzeichen für sexuellen Missbrauch gebe. (9237(29.11.18)

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Landessynode fördert Projekte in afrikanischen Ländern

Hannover/Hermannsburg/Pretoria (epd). Die hannoversche Landeskirche will in den kommenden beiden Jahren mit insgesamt knapp einer Million Euro Binnenflüchtlinge auf dem afrikanischen Kontinent unterstützen. Das Geld sei in den Doppelhaushalt eingestellt worden, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Mission und Ökumene, Ottomar Fricke, am Donnerstag vor der Landessynode in Hannover. Auf Beschluss der Synode hatte die Landeskirche bereits zuvor rund 1,2 Millionen Euro für fünf Projekte zur Verfügung gestellt, die das Evangelisch-lutherische Missionswerk in Niedersachsen gemeinsam mit afrikanischen Partnerkirchen entwickelt hat.

Die zwischen 2015 und den laufenden Jahr begonnenen Initiativen hätten bereits viel bewirkt, sagte Fricke, auch durch die Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort. "Die Menschen brauchen die Chance, nicht weiter fliehen zu müssen." Dafür sei das Engagement der Pastorin Rosalie Madika in Südafrika beispielhaft. Die Pastorin, die selbst 2013 aus dem Kongo geflüchtet ist, setzt sich in Pretoria für afrikanische Binnenflüchtlinge ein.

Wie Madika kommen die meisten von ihnen aus französischsprachigen Ländern und schon die Sprache ist für sie eine Hürde. "Ich helfe ihnen, die richtigen Dokumente zu bekommen", sagte die Pastorin in einem Videobeitrag. Auch Lebensmittel, Kleidung, eine Wohnung, versuche sie zu vermitteln. Madika war zu der Tagung der Landessynode eingeladen, weil sie jedoch keinen südafrikanischen Pass hat, konnte sie Fricke zufolge nicht ausreisen.

Mehr als 1,1 Millionen Asylsuchende aus Staaten wie dem Kongo, Burundi, Äthiopien und Somalia leben nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR in Südafrika. Ihre Lage sei sehr schwierig, erläuterte Bischof Horst Müller von der Evangelisch-lutherischen Kirche (ELCSA-NT) in dem Videobericht. "Sie werden ausgebeutet, missbraucht und müssen immer wieder Schmiergelder an die Beamten in den Behörden und Polizisten bezahlen."

In Pretoria hat die einst von deutschen Einwanderern gegründete Kirche deshalb gemeinsam mit dem Hermannsburger Missionswerk 2017 die Beratungsstelle von Madika gegründet. 165.000 Euro hat die hannoversche Landeskirche dafür bis 2020 bereitgestellt. Die Pastorin betreut mittlerweile fast 600 Geflüchtete aus dem Kongo, Ruanda, Uganda und Tansania und bietet ihnen mit französischsprachigen Gottesdiensten ein Stück Heimat. "Alle City-Kirchen in den Metropolen Südafrikas sind inzwischen Anlaufstellen für Geflüchtete", sagte Bischof Müller.

Madika ist Fricke zufolge ein Beispiel dafür, was Menschen erreichen können, wenn sie Unterstützung bekommen. Sie war im Kongo verhaftet und mit ihrer Tochter ins Gefängnis gesteckt worden. Nach zwei Wochen kamen sie ohne Angaben von Gründen frei. Drei Monate dauerte es, bis sie nach Südafrika gelangte. Von Mann und Tochter, die zur selben Zeit flüchteten, war sie anderthalb Jahre getrennt. Mit ihrer neuen Aufgabe habe sie eine Zukunft gefunden, sagte Fricke. (9163/29.11.18)

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