Diakonie fordert eigene Grundsicherung für Kinder

Nachricht 28. Juni 2018
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Hannover/Gütersloh. Die Diakonie in Niedersachsen hat angesichts einer aktuellen Studie zur Kinderarmut die Forderung nach einer eigenen Grundsicherung für Kinder bekräftigt. "Es ist dringend geboten, dass wir wieder über eine Verteilungsgerechtigkeit in unserem Land reden", sagte Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke am Mittwoch in Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der von der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh vorgestellten Studie zufolge sind Kinder besonders armutsgefährdet, wenn die Mutter keinen Job hat.

Bei Elternpaaren seien in diesem Fall 62 Prozent der Kinder armutsgefährdet, hieß es. Noch gravierender ist die Situation bei alleinerziehenden Müttern: Habe hier die Mutter keine Arbeit, wüchsen die Kinder fast immer (96 Prozent) in Armut auf, erklärte die Stiftung.

Als arm gelten in der Studie Kinder aus Familien, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens auskommen müssen oder staatliche Grundsicherungsleistungen wie Hartz IV beziehen. Armut in Deutschland bedeute in der Regel nicht, obdachlos oder hungrig zu sein, erklärte die Stiftung. Die Kinder erlebten jedoch materielle Entbehrungen und weniger soziale Teilhabe.

Diakonie-Vorstand Lenke betonte, die Idee einer Grundsicherung beispielsweise durch ein Bundeskinderteilhabegesetz sei notwendig, damit der Lebensunterhalt von Kindern unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern sichergestellt sei. Anders als bei der bisherigen Familienförderung durch Kindergeld und Kinderfreibeträge profitierten hiervon vor allem Geringverdiener.

Auch müssten die Hartz IV-Sätze für Kinder nach Auffassung der Diakonie aktuell berechnet und aufgestockt werden. Arme Familien müssten in gleicher Weise gefördert werden wie Familien mit höheren Einkommen und einen leichten Zugang dazu haben. Derzeit gingen viele Hilfen an den Familien und Kindern, die diese brauchten, vorbei.

Lenke kritisierte außerdem eine mangelhafte Ausstattung mit Mitteln für den Schulbedarf. Die derzeitige jährliche Förderung für Kinder aus Familien im Hartz-IV-Bezug von 100 Euro reiche nicht aus: "Mindestens 150 Euro sind notwendig, damit wir nicht mehr nur theoretisch über Bildungsgerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe reden." Auch der Bremer Landesdiakoniepastor Manfred Meyer hatte sich am Dienstagabend angesichts einer ähnlichen Studie der Bremer Arbeitnehmerkammer für eine Kindergrundsicherung ausgesprochen.

Grundlage für die Bertelsmann-Studie "Lebensumstände von Kindern im unteren Einkommensbereich" ist den Angaben zufolge die repräsentative Längsschnittstudie "Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung" (PASS), in dem seit 2006 jährlich etwa 15.000 Menschen ab 15 Jahren befragt wurden. Für die Untersuchung wurden Informationen von fast 3.200 Kindern über einen Zeitraum von fünf Jahren ausgewertet.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen