Friedhofsordnung

Kirchliche Positionen zur aktuellen Friedhofsdiskussion

Vom Rat der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen beschlossen am 23. Juni 2015 in Hannover:

1. Die Würde des Menschen und das Recht auf Erinnerung und Schutz der Persönlichkeit über den Tod hinaus

Friedhöfe sind öffentliche Orte, an denen Tod, Abschied und Trauer gesellschaftlich thematisiert werden und die dem Einzelnen und der Gemeinschaft konkret Gelegenheit geben, Abschied zu nehmen, Trauerarbeit zu leisten und eines Verstorbenen zu gedenken. Darum plädieren wir für den Erhalt einer Kultur des individuellen und öffentlichen Gedenkens. - Verstorbene gehören nicht sich selbst; sie sind immer Teil einer Gemeinschaft, die öffentliche Orte und Gelegenheiten braucht, um Abschied zu nehmen und zu trauern. 

  • Zur Würde eines Menschen gehört ein geschützter Ort, an dem sie/er bestattet wird.
  • Zum Menschen gehört sein Name als Teil seiner Identität und seiner Würde hinzu. Aus kirchlicher Sicht besteht Bedarf nach einem Ort, wo man sich an Menschen mit ihrem Namen erinnern kann. Anonyme Bestattungen sind daher auf vielen kirchlichen Friedhöfen nicht gestattet.
  • Mit der Aufhebung des Friedhofszwanges würde der Staat seiner Verantwortung der Sicherung der Würde des Menschen über den Tod hinaus und der Ehrfurcht vor den Toten nicht gerecht.

2. Zur Frage des Verstreuens der Asche Verstorbener

  • Juristisch ist anerkannt, dass das Verstreuen der Asche nur mit dem erklärten Willen des Verstorbenen geschehen darf, nicht ohne und erst recht nicht gegen seinen Willen (vgl. Gutachten von Prof. Dr. Dian Schefold zum Bremer Bestattungsgesetz, NordOR 6/2014 S. 249). Dies gilt im gleichen Maße für Bestattungen, die durch das Sozial- und Ordnungsamt vorgenommen werden.
  • Ein Verstreuen der Asche außerhalb von Friedhöfen ist um der Würde des Menschen willen abzulehnen.
  • Im engeren Sinne theologische Bedenken gegenüber dem Verstreuen der Asche auf Friedhöfen gibt es nicht. Das Verstreuen von Asche hat in der evangelischen Kirche aber keine Tradition. Eine Ausnahme stellt die in manchen Gegenden praktizierte Form der Seebestattung dar.

3. Sozial- und Ordnungsamtsbestattungen

  • Eine anonyme Bestattung sollte allenfalls bei einem ausdrücklich bekundeten Willen des Verstorbenen bei sog. Sozial- und Ordnungsamtsbestattungen zulässig sein.
  • Das Ausstreuen von Totenasche als eine kostengünstige Bestattungsform darf auch bei Sozial- und Ordnungsamtsbestattungen nicht ohne den Willen der Verstorbenen erfolgen; auch solche Bestattungen haben die Würde der Verstorbenen zu achten.

4. Mit Kinderarbeit hergestellte Grabsteine

  • Ein großer Anteil der auf den Friedhöfen aufgestellten Grabmale stammt aus Ländern, in denen sie in den Steinbrüchen mit Hilfe von Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 gewonnen werden. Leider ist z. Z. ein Verbot zur Aufstellung derartiger Grabsteine auf Friedhöfen in den Friedhofssatzungen rechtlich nicht zulässig. Der Staat ist aufgefordert, die notwendigen Voraussetzungen für ein wirksames Verbot zu schaffen.

5. Zukunft der kirchlichen Friedhöfe

  • Kirchliche Friedhöfe sind seit Jahrhunderten traditioneller Bestandteil der kirchlichen Arbeit. Dieser Aufgabe fühlen sich die Kirchen auch in dem schwieriger gewordenen Umfeld weiterhin verpflichtet und werden sich bemühen, auch auf den kirchlichen Friedhöfen Bestattungsformen anzubieten, die den Bedürfnissen der Menschen entgegen kommen und zugleich dem christlichen Menschenbild und der Würde der Verstorbenen entsprechen.