Ein Drittel billigt "Wir schaffen das"

05. September 2016

Hannover (epd). Ein Jahr nach Angela Merkels Satz "Wir schaffen das" hält sich die Anzahl der Deutschen, die dem zustimmen oder widersprechen, die Waage. Jeweils gut 34 Prozent hätten die Frage, ob Deutschland die Herausforderungen durch die Aufnahme der Flüchtlinge bewältigen wird, mit "Ja" oder "eher Ja" beziehungsweise mit "Nein" oder "eher nicht" beantwortet, heißt es in einer am Freitag vorgestellten Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit Sitz in Hannover. Die niedersächsische Migrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf (SPD) begrüßte die Ergebnisse der Studie.

Dabei tendiere die Stimmung im westlichen Bundesgebiet seit Februar 2016 "eher zum Positiven", im Osten "überwiegt die skeptische Stimmung deutlich", heißt es in der repräsentativen Studie. Nach wie vor gebe es mit 31 Prozent einen "beachtlichen Anteil von Befragten", die keiner Position zuneigten.

Das kirchliche Institut hat in den vergangenen zehn Monaten viermal zwischen 1.000 und 2.000 Menschen zu ihrer Einstellung gegenüber Flüchtlingen, gesellschaftlichen Veränderungen und im August 2016 auch zu ihrer Angst vor Terroranschlägen befragt. Demnach hat die Hälfte der Bevölkerung Angst vor islamistischen Terroranschlägen in Deutschland, ein knappes Drittel befürchtet, selbst Opfer eines Anschlags zu werden. Dabei seien diejenigen, die Angst vor Anschlägen hätten, auch eher skeptisch, ob das Land die Herausforderungen bewältigen könne.

Der Leiter des Instituts, Gerhard Wegner, spricht von einer "Stabilität des öffentlichen Meinungsbilds" über die zehn Monate hinweg. Nach wie vor existiere eine "klare ethische Grundorientierung" in der Diskussion über Flüchtlinge und Integration, sagte der Theologe. So ist laut Studie eine große Mehrheit davon überzeugt, Deutschland stehe mit der Aufnahme von Flüchtlingen "Menschen in existenzieller Not zur Seite": Im November 2015 stimmten 88,4 Prozent dieser Aussage zu, im August waren es 85,4 Prozent.

Das widerspricht laut Wegner dem von Politikern und Medien vermittelten Bild: "Die mediale und politische Debattenlage der letzten Monate steht damit in einem Spannungsfeld zum Meinungsbild der Deutschen", sagte er.

Die stellvertretende Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus, wies darauf hin, dass die Zahl der in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen von knapp elf Prozent im November 2015 auf knapp zwölf Prozent im Mai 2016 gestiegen sei. "Das Engagement für Flüchtlinge hat innerhalb kurzer Zeit seinen festen Platz im Ehrenamt Deutschlands gefunden", sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Schröder-Köpf nannte die Studien-Ergebnisse ermutigend. "Sie widerlegen den Eindruck, dass die Stimmung im Land kippt." Es sei erfreulich, dass immer mehr Menschen persönliche Erfahrungen mit Flüchtlingen machten. Eine direkte Begegnung wirke sich positiv aus und baue Ängste vor dem vermeintlichen Fremden ab.

Der Studie zufolge gab etwa ein Drittel der Befragten an, noch keinen Kontakt zu einem Flüchtling gehabt zu haben. Im November waren es noch die Hälfte gewesen. Die Begegnungen verliefen eher gut, der Anteil von positiven Erfahrungen stieg von einem guten Viertel (26,2 Prozent) auf mehr als ein Drittel (37,2 Prozent).

Von der evangelischen Kirche erwarteten im August knapp 70 Prozent, dass sie sich für die Aufnahme der Flüchtlinge einsetzen soll. Davor waren es rund 75 Prozent.

epd lnb bas/kah mig